Überarbeitung von Rechtnormen aus NS-Zeiten längst überfällig

Weitere Infomationen

► Schreiben an die Unabhängige Wissenschaftliche Kommission beim Bundesministerium der Justiz zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit

► Antwortschreiben von Prof. Dr. Safferling, Freidrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg

► Antwortschreiben von Prof. Dr. Görtemaker, Universität Potsdam
 
70 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes ist die Aufarbeitung noch immer nicht abgeschlossen.

Da gibt es die Unabhängigen Wissenschaftliche Kommission beim Bundesministerium der Justiz zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit (UWK-BMJ), die nach dem Umgang des BMJ mit der eigenen NS-Vergangenheit fragt. Neben der Frage nach der personellen Kontinuität im Ministerium, d.h. wie viele belastete Mitarbeiter in der Anfangszeit im Ministerium beschäftigt waren, wird geprüft, ob und wenn ja, wie sich hieraus auch sachliche Kontinuitäten ergaben, also beispielsweise inwieweit nationalsozialistische Gesetzgebung und Rechtsprechung in der Nachkriegszeit aufgehoben wurde – oder eben nicht.

Eine solche nationalsozialistische Gesetzgebung, die 1941 verfasst, auch heute noch gilt, ist der Mordparagraf. Dieser soll nun überarbeitet werden. Dazu hat eine Expertenkommission ein Jahr lang in zehn Sitzungen getagt und einen Abschlussbericht vorgelegt, der viele gute Ansätze zur Überarbeitung des Gesetzes liefert. Damit hat das Ministerium eine Vorlage, nach der sie das Gesetz ändern und die Terminologie der Nationalsozialisten aus dem Gesetzestext streichen kann.

Auch wenn das Strafrecht als repressivstes Mittel staatlicher Steuerung die meiste Bekanntheit besitzt, gibt es auch in zivilrechtlichen Rechtsgebieten Bedarf an Überarbeitung, Neufassung oder sogar Abschaffung.

Ein Beispiel für eine Rechtsnorm, die noch heute Bestand hat und dringend mindestens einer Überprüfung, wenn nicht sogar einer Korrektur bzw. Streichung bedarf, ist der im Genossenschaftsgesetz verankerte Anschlusszwang der Genossenschaften an Prüfungsverbände. Damit würde endlich das immer wieder von den Verbänden ignorierte Prinzip der Freiwilligkeit der genossenschaftlichen Gründungsväter mit Leben erfüllt.

Die Zwangsmitgliedschaft wurde mit der Novelle zum Genossenschaftsgesetz im Jahr 1934 von Adolf Hitler zur Gleichschaltung und Eingliederung der Genossenschaften in die nationalsozialistische Zwangswirtschaft eingeführt. Dieses Erbe belastet die Genossenschaften auch 70 Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft noch immer. Vor allem unter Wettbewerbsgesichtspunkten benachteiligt es die genossenschaftliche Rechtsform.

Im Sinne der Gleichbehandlung mit anderen Rechtsformen und der Stärkung der Genossenschaften ist es an der Zeit, diese rein deutsche Rechtsnorm (in Österreich beispielsweise wurde der entsprechende Paragraf nach Ende der NS-Herrschaft wieder gestrichen) ad acta zu legen und per Gesetz zu revidieren.

Wilhelm Kaltenborn profunder Kenner der Historie der Genossenschaften setzt sich in seiner Veröffentlichung „Verdrängte Vergangenheit. Die historischen Wurzeln des Anschlusszwanges der Genossenschaften an Prüfungsverbände“, mit diesem Thema auseinander. Er belegt mit umfangreichem Material, dass der Zweck des Anschlusszwangs nicht die Stärkung der wirtschaftlichen Kraft der Genossenschaften, sondern die Durchsetzung des Führerprinzips des NS-Staates war.

Die Überarbeitung eines Paragraphen, der das weitere Leben eines Täters und seine gerechten Bestrafung zum Inhalt hat, der das höchste Gut unserer Rechtsordnung, das Leben, schützt, ist richtig und wichtig und längst überfällig.

Aber wenn es bei einer solchen Rechtsnorm schon 70 Jahre dauert, um die Überarbeitung in Angriff zu nehmen, wie lang wird es dann noch dauern, die Gleichbehandlung der Unternehmensformen wieder herzustellen und die 150-jähigen Genossenschaftsidee, die heute ebenso aktuell ist wie zur Zeit der ersten Pioniere, zu stärken?

Carola Pauly, Berlin

Leserbrief zu den Artikeln aus

Die Welt

„‘Braune Spur‘ entfernen – Anwälte wollen Mordreform“ vom 14. Januar 2014
►„Warum Mörder nicht mehr Mörder heißen sollen“ vom 29. Juni 2015

Süddeutsche Zeitung
„Maas will Strafrecht bei Mord und Totschlag reformieren“ vom 08. Februar 2014
► „Warum Mord nicht gleich Mord ist“ vom 29. Juni 2015

 

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