Was hat ein Prüfungsverband unabdingbar zu tun? Nur das, was sein Name besagt: prüfen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,


in dieser Info ist ein Gespräch mit Kay Jacob, Vorstand der Chemnitzer ELG des Kraftfahrzeughandwerks, abgedruckt, in dem mir eine seiner Aussagen erst einmal völlig unglaubwürdig erschien.

Ich habe sie nachgeprüft, sie stimmt tatsächlich: Der „Genossenschaftsverband e. V.“ hat ab Januar 2013 den jährlichen Mindestbeitrag für die meisten Genossenschaftsgruppen von 50 auf 400 Euro erhöht, um 700% (siebenhundert Prozent)! Die Beiträge für die Genossenschaftsbanken blieben unverändert, der Mindestbeitrag für die Immobilienwirtschaft wurde sogar von 500 auf 400 Euro gesenkt. Beschlossen hat es der Verwaltungsrat. Die Hälfte seiner Mitglieder sind Bankenvertreter. Wahrscheinlich nennt sich das genossenschaftliche  Solidarität. 

Dieses Verfahren wirft, wie schon vorher wesentlich drängender der wirtschaftliche Ruin des Mitteldeutschen Genossenschaftsverbandes, ernsthafte Fragen nach der genossenschaftlichen Legitimität (nicht mit der rechtlichen Legalität zu verwechseln!) des genossenschaftlichen Verbandswesens auf. Das Mindeste, was Not tut, ist eine erhöhte Transparenz. Gerade weil nach der gegenwärtigen Rechtslage die Genossenschaften zwangsläufig Mitglied in einem Prüfungsverband sein müssen, ist auf der anderen Seite die Pflicht zur Rechenschaft, zur Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse geboten. Was hat ein Prüfungsverband unabdingbar zu tun? Nur das, was sein Name besagt, nämlich zu prüfen.  

Das kostet Geld, die Prüfer müssen bezahlt werden, ebenso wie die anfallenden Bürokosten, Reisekosten und dergleichen mehr. Schließlich muss juristischer Sachverstand vorhanden sein, denn es geht auch um die korrekte Anwendung des Genossenschaftsgesetzes, ganz besonders bei den Gründungsprüfungen. Für all das werden Prüfungsgebühren gezahlt. Darüber hinaus fallen noch einige (allerdings wenige) weitere Kosten in diesem Zusammenhang an, zum Beispiel für die vorgeschriebene Durchführung von Mitgliederversammlungen des Verbandes. Hierfür sind sicher Mitgliedsbeiträge erforderlich. Das ist aber auch schon alles. Und über diesen Teil sollte, besser gesagt: muss den Mitgliedsgenossenschaften, wie in jedem anderen sauber geführten Verein, regelmäßig genauestens Rechenschaft gegeben werden.  

Alles was ein Verband sonst noch anbietet, ist keine gesetzlich vorgeschriebene Aufgabe, ist Kür – oder, wie es seit 124 Jahren im Gesetz heißt, das kann ein Verband tun (aber auch lassen). Selbst die steuerliche Beratung, wie sinnvoll sie auch sein mag, steht außerhalb der genossenschaftlichen Pflichtprüfung. Wird sie, wie etwa auch Fortbildungsmaßnahmen und die vielen anderen Dienstleistungen, vom Verband angeboten, so ist darüber, was die wirtschaftliche Seite dieses Bereiches betrifft, gesondert Rechenschaft abzulegen. Wenn es denn von den genossenschaftlichen Mitgliedern akzeptiert wird, kann dies in der üblichen Art und Weise wie bisher geschehen oder gerade nicht geschehen.  

Nebenbei: Wenn man sieht, wie viele dieser zusätzlichen Angebote manchmal in rechtlich selbständige Unternehmen ausgelagert sind (der größte Prüfungsverband ist in zehn aktiven Beteiligungsgesellschaften involviert), dann hat man den Eindruck, das deutsche Verbandswesen mutiert zu kleinen (oder vielleicht gar nicht einmal so kleinen) Konzernen. Das mag alles so sein, wie es will, es mag von den Genossenschaften angenommen und ohne Murren finanziert werden, aber es steht außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung.   

Beide Bereiche, die Pflichtprüfung und all die anderen freiwillig angenommenen Leistungen eines Verbandes, sollten sorgfältig voneinander getrennt werden. Um mit einer Anregung zu schließen: Mir scheint es geboten, dass sich eine künftige Novellierung des Genossenschaftsgesetzes dieses Problems annimmt. 

Ihnen allen noch einen schönen Frühling! 

Wilhelm Kaltenborn

► zum Interview mit Kay Jacob

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