Fachforum: „Potenziale und Hemmnisse unternehmerischer Aktivitäten in der Rechtsform der Genossenschaft“

Bundesverein zur Förderung des Genossenschaftsgedankens

Am 21. Mai 2015 fanden in Berlin, im Tagungsraum der „WeiberWirtschaft eG“, ein „Fachforum“ und die Mitgliederversammlung des Bundesvereins statt.

Fachforum: „Potenziale und Hemmnisse unternehmerischer Aktivitäten in der Rechtsform der Genossenschaft“

Anwesend waren etwa (mit Referenten) 30 bis 35 Personen. Das globale Thema war herunter gebrochen auf drei, nicht allzu stringent miteinander verbundene Komplexe.

Zunächst wurde eine Studie, als Auftragsarbeit des Bundeswirtschaftsministeriums entstanden, des Kölner Genossenschaftsinstituts behandelt. Der Bundesverein hat dem Fachforum den gleichen Titel gegeben, den die Studie trägt. Der Vorsitzende des Vereins, Jan Kuhnert, erklärte in seiner Begrüßung, die Studie solle helfen, solche organisatorische Strukturen besser zu bewerten, die den zivilgesellschaftlichen Bedürfnissen dienen könnten. Dazu skizzierte der zuständige Referatsleiter im Ministerium, Joachim Garrecht (sein Referat firmiert als „Handwerk, Industrie- und Handelskammern“) den weiteren Verlauf: Nach internen Klärungen werde die Studie etwa in der 24. Woche öffentlich gemacht.

Schließlich wurde die Studie, die gemeinsam mit der Kienbaum-Beratungsgesellschaft erarbeitet wurde, vom Kölner Institut vorgestellt. Untersucht waren kleine, neue (nach der Novellierung des GenG von 2006 gegründet), aber auch ältere kleine eingetragene Genossenschaften und vergleichbare Zusammenschlüsse in anderen Rechtsformen. Gegenübergestellt werden sollten die Beurteilungen in beiden Gruppen in Hinblick auf Kosten der Gründung, Prüfungskosten, Anschlusszwang an einen Prüfungsverband. Erhoben wurden die Meinungen aufgrund von Telefongesprächen. Wie das Sample der befragten Einrichtungen zustande kam, blieb unklar. Bevorzugt ausgewählt waren jedenfalls Dorfläden und Wohnungsgenossenschaften. Eine sinnvolle Bewertung der Studie ist tatsächlich erst nach Veröffentlichung möglich. Denn manche der im Vortrag dargestellten Ergebnisse waren recht banal. So war in beiden Gruppen (eG und nichtgenossenschaftliche Rechtsformen) die weitaus überwiegende Mehrheit der befragten Vorstände mit der einmal gewählten Rechtsform zufrieden. Die Gründungskosten wurden bei den Genossenschaften nicht sonderlich hoch gewichtet. Das ist alles andere als verwunderlich, denn wer gibt schon drei, vier, fünf Jahre nach einem Ereignis einem fremden Wissenschaftler am Telefon gegenüber zu, in der Vergangenheit Fehler gemacht zu haben. Kurios ist das Ergebnis, wonach eine „deutliche“ Mehrheit der Genossenschaften für die Pflichtmitgliedschaft sei (es wurde dieses Wort gewählt, nicht etwa Anschlusszwang oder gar Zwangsmitgliedschaft). Das bedeutet ja wohl: Man akzeptiert für sich die Mitgliedschaft in einem Prüfungsverband, und zwar vermutlich deshalb, weil man sie als vorteilhaft einschätzt. Wie man daraus die Meinung gewinnt, alle anderen Genossenschaften müssen unbedingt auch Verbandsmitglieder sein, also sich als Vormund der Kollegenschaft ringsum fühlt, das wäre schon fast eine eigene Untersuchung wert. Ich vermute, entweder war die Darstellung in der Veranstaltung unpräzise oder die Untersuchung selbst war es an dieser Stelle. In der Diskussion dieses Beitrages wurden jedenfalls manche Aspekte recht kritisch gesehen.

Die Leiterin des Referates im Bundesjustizministeriums „Recht des Handelsstandes, Handels- und Unternehmensregister, Genossenschaftsrecht, Wertpapierrecht“ (eine eigenartige Zusammenstellung!), Ute Höhfeld, sprach zum Thema „Welche Möglichkeiten gibt es, die Vorgabe des Koalitionsvertrages zum bürgerschaftlichen Engagement umzusetzen?“.  Sie kam zum Ergebnis, dass – was ihren Aufgabenbereich betrifft – eigentlich keine rechtlichen Veränderungen (das in der Vorbereitung befindliche Gesetz über kleine Kooperationen allerdings mit eingeschlossen) notwendig sein. Vorhandenes Vereinsrecht und ergänztes Genossenschaftsrecht reichten aus.

Schließlich sprach Mathias Fiedler zum Thema „Wir brauchen für das ‚kleine’ bürgerschaftliche Engagement eine rechtssichere unbürokratische Form“. Es gibt Vorhaben, für die zwar die eingetragene Genossenschaft die richtige Rechtsform wäre, für die der Rechtsformaufwand jedoch zu hoch wäre. Hier wäre der eingetragene Verein zweckmäßig. Ob diese Rechtsform in Frage käme, hinge vor allem davon ab, welche Art von wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb betrieben werde. Jedenfalls ist das Insolvenzrisiko bei Vereinen denkbar gering. 2014 gab es bei den „sonstigen Rechtsformen“ 158 Insolvenzen. Unter sonstige Rechtsformen fallen aber rund 8.000 eingetragene Genossenschaften und etwa 600.000 Vereinen. Auch Vereine schließen sich häufig genug zu Verbänden zusammen, auch sie lassen sich prüfen und beraten. Fiedler hält zwar ein eigenes Gesetz für die beobachtbaren Formen bürgerschaftlichen Engagements für machbar, sieht aber Probleme in der Abgrenzung für Genossenschaften. Grundsätzlich hält er es deshalb für sinnvoller, das Genossenschaftsgesetz entsprechend zu ergänzen, im Kleinstbereich ohne Anschlusszwang, ohne Pflichtprüfung.

Im Übrigen: Fiedler hat es sich offenbar angewöhnt, von „Genossenschaften, gleich welcher Rechtsform“ zu sprechen. Die bei den Genossenschaftsverbänden übliche totale Gleichsetzung von Genossenschaft und Rechtsform vermeidet er jedenfalls.

Mitgliederversammlung

Dem Verein gehören 24 juristische und 80 natürliche Personen als Mitglieder. Nennenswerte Veränderungen haben sich in den letzten Jahren nicht ergeben. Anwesend waren zirka 15 Mitglieder.

Weil Sonja Menzel sich bereit erklärt hatte (als Beisitzerin im Vorstand) die Geschäfte des Vereins zu führen, war eine Verlegung des Sitzes des Vereins nach Leipzig notwendig. Also musste dort der Verein eingetragen werden und das Finanzamt die Gemeinnützigkeit bestätigen. Das Finanzamt betrachtete aber diese Bestätigung als problematisch, weil das Vereinsvermögen etwa das Doppelte eines Jahresetats ausmacht, und – vor allem bei weiterer Vermögensanhäufung – dadurch die ideelle, gemeinnützige Zielsetzung des Vereins gefährdet wurde. Aufgrund vor allem von Investitionen in die Geschäftsstelle (einschließlich einer professionelleren Einrichtung einer Homepage) wird sich aber zum Jahresende 2015 das Vermögen so vermindert haben, dass die Bedenken des Finanzamts ausgeräumt sein dürften. Das zeigt aber auch, dass die finanzielle Lage des Vereins (wieder) gesund ist. Der Vorstand wurde entlastet. Als Revisor wurde (wieder) Ingo Voss, der Steuerberater des ZdK, bestimmt.

Zum TOP „Arbeitsschwerpunkte und Projekte 2015/16“ wurden als vorrangig folgende Themen als vorrangig auf die Agenda gesetzt: Das EEG und dessen weitere Entwicklung, mit dem Ziel, zu verhindern, dass genossenschaftliche Formen des Engagements dabei unberücksichtigt bleiben; die Entwicklung von Konzepten dazu, inwieweit Genossenschaften (nicht unbedingt eingetragene Genossenschaften) bei der vom Staat immer mehr vernachlässigten Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen wirksam werden könnten; Flüchtlinge und Genossenschaften; effizientere Zusammenarbeit mit der Wissenschaft.

Wilhelm Kaltenborn, Berlin, 23. Mai 2015

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